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Medizin 4.0 – Kommunikation und Vertrauen

Publiziert am 20.06.2017 | Übersetzung verfügbar in: Englisch

Medizin 4.0 – Kommunikation und Vertrauen

Die Digitalisierung hält, wie in allen übrigen Lebensbereichen, auch im Gesundheitswesen Einzug. Am Healthcare-Symposium 2017 vom 14. Juni diskutierten Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Berufsfeldern, auf welche Weise die Chancen und Herausforderungen angegangen werden können. Vertrauen, so sind sich alle einig, ist der Schlüssel zum Erfolg – und kann nur durch klare und transparente Kommunikation geschaffen werden.

Zum Abschluss des von der Implement Consulting Group veranstalteten Healthcare-Symposium diskutierten Dr. Andy Fischer, Gründer von Medgate, Andrea Rytz, CEO der Schulthess Klinik und Dr. Jérôme Cosandey, Avenir Suisse über die Chancen und Herausforderungen von Healthcare 4.0. Moderiert wurde die angeregte Gesprächsrunde von Aileen Zumstein.

Die Digitalisierung ist in vollem Gange, doch noch wird im Gesundheitswesen am Status Quo festgehalten. Der Druck von aussen für Veränderung ist noch zu schwach. «Es bräuchte wahrscheinlich einfach den Mut und das Vertrauen, sich als Akteur zu den Entwicklungen zu bekennen und als First Mover Pionierarbeit zu leisten», so Andrea Rytz, «denn zurzeit beschränken sich die Entwicklungen bei uns auf Unterstützungsprozesse; das Kerngeschäft wird vorerst nicht massgeblich tangiert». Erfahrungswerte für die gelebte Digitalisierung stehen nämlich durchaus zur Verfügung – wenn auch in Form von branchenfremden Best-Practices aus Finanzwesen, Aviatik oder Retail.

Verbesserung der Behandlungsqualität durch mehr Daten

Eine der grossen Chancen des EPD ist die lückenlose Dokumentierung der Krankengeschichte von Patientinnen und Patienten. Diese Informationen seien, so erklärte Andrea Rytz, essentiell für die Beurteilung von hochkomplexen Fällen. «Nur wenn man über alle wichtigen Informationen verfügt, kann man als Einrichtung auch beurteilen, ob eine Patientin oder ein Patient wirklich im Haus behandelt werden kann, oder ob doch nicht eher eine Verlegung in eine spezialisiert Einrichtung die richtige Lösung ist». Die Behandlungsqualität und Patientensicherheit könnte so auf ein neues Level gehoben werden.

Trotz dieses deutlich erscheinenden Vorteils stösst die Einführung des neuen Systems der Patientendokumentation auf mässige Begeisterung. Das Projekt schreitet langsam als gewünscht voran, vielerorts werden Bedenken bezüglich Sicherheit und Schutz der Privatsphäre geäussert. Jérôme Cosandey zeigte sich dennoch optimistisch und glaubt an die Umsetzung des Projekts. «Wichtig ist, dass die Bevölkerung das neue Dossier akzeptiert und dem System vertraut, nicht, wie schnell wir die Einführung abschliessen». Auch Andy Fischer glaubt an die Notwendigkeit einer neuen Dokumentation und das Potential der Datenerfassung und –auswertung. Bedenken bezüglich des Datenschutzes hat er indies kaum, denn für ihn gehört das Einhalten von Datenschutzrichtlinien zur Good Practice und Arbeitsethik im Gesundheitswesen – heute wie in Zukunft.

  Andy Fischer, Andrea Rytz und Jérôme Cosandey sprechen mit Aileen Zumstein über Digitalisierung in der Medizin.Dr. med. Andy Fischer, CEO und Managing Partner Medgate; Andrea Rytz, CEO Schulthess Klinik; Dr. Jérôme Cosandey, Senior Fellow und Forschungsleiter Sozialpolitik Avenir Suisse; Moderatorin Aileen Zumstein.

Wichtigkeit des Zwischenmenschlichen Austausches

Zudem ist er überzeugt, dass die Digitalisierung ein massiver Katalysator für die Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich sein wird. Diese Veränderung im Leistungsangebot wird auch Auswirkungen auf die Rollenbilder der Akteure im Gesundheitswesen bewirken. «Wir werden sehen, was dies für Auswirkungen auf das Berufsbild des Arztes mit sich bringt – werden sie, ähnlich wie Piloten, zu System-Engineers? Zur Vertrauensbrücke zwischen Technologie und Patient?» Fest steht für alle Teilnehmer der Diskussion – der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch wird auch in Zeiten von Medizin 4.0 unerlässlich bleiben.

Rollenveränderungen bieten auch grosse Chancen, ist Rytz überzeugt; beispielsweise die vertikale Integration verschiedener Ausbildungsprofile von Gesundheitsberufen zur Schaffung eingespielter Teams. «Besuchen Pflegende und Ärzte gewisse Module ihrer Ausbildung zusammen, kann sich ein gemeinsames Verständnis, ein Zusammenhalt entwickeln». Dieses Vertrauensverhältnis, so ist sie sich sicher, kann die Basis für innovative Lösungen für bis anhin unlösbar erscheinende Aufgaben sein.

Digitalisierung der Medizin – Quo vadis?

Digitalisierung, neue Finanzierungsmodelle, Kostendruck, hochkomplexe Patientenfälle aufgrund einer immer älter werdenden Bevölkerung – das Gesundheitswesen blickt grossen Herausforderungen und Veränderungen entgegen. Welche Auswirkungen wird dies auf die heutigen Akteure im Markt haben? Für Cosandey ist klar, dass langfristig nur diejenigen Anbieter erfolgreich sein werden, die ihr Angebot im Versorgungsprozess einzubetten wissen und eine integrierte Versorgung der Patientinnen und Patienten anstreben. «Das Wissen hierzu liegt aber nicht bei innovativen Tech-Startups, sondern bei den traditionellen Anbietern – der Ball liegt also bei ihnen».

Healthcare 4.0 ist nicht aufzuhalten. Entscheidend für alle Akteure ist nun, wie damit umgegangen wird. Das Vertrauen zwischen den Beteiligten lässt sich nur aufrechterhalten und weiter aufbauen, wenn klare und transparente Kommunikation gelebt wird – vom Patienten über den Arzt bis hin zu Spitälern und Industriepartnern. Nur so wird es möglich sein, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig die Herausforderungen aktiv anzugehen.

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