Published on 13.02.2020
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Früher konnten Unternehmen Aktivisten schlicht als unliebsamen Störfaktor abtun. Doch heute schaffen Aktivisten Tatsachen, setzen Unternehmen unter Druck und haben eine Stimme, die in der Gesellschaft Gehör findet. Die Zeiten ändern sich also. Aber was ist der Grund dafür, dass Aktivisten plötzlich gehört werden? Und wie können Unternehmen mit Aktivismus umgehen, ohne dabei an Glaubwürdigkeit zu verlieren? Aileen Zumstein gibt als Gast von Ivana Pribakovic im Tagesgespräch (SRF) Antwort.
Hier geht es zum Beitrag «Aileen Zumstein und der Preis der Glaubwürdigkeit»
Lange sah die Gesellschaft Aktivisten als Minderheitengruppe, als randständige Regelbrecher, fast schon als Kriminelle. Heute werden Aktivisten ernst genommen, haben eine Stimme und damit auch Einfluss. Vor allem die Klimajugend ist derzeit in aller Munde – allen voran Greta Thunberg. Ein Mädchen, das ursprünglich die Schule fürs Klima geschwänzt hat, spricht ein gutes Jahr später zu den Mächtigen bei UNO-Konferenzen und am World Economic Forum (WEF). Wie kommt es dazu?
- Soziale Medien ermöglichen es den Aktivisten, schnell ein breites Publikum zu erreichen und die Botschaften zu verbreiten.
- Die Reichweite schafft innert kurzer Zeit grosse Aufmerksamkeit und dadurch entstehen Reputation und Image.
- Klimaschutz ist ein Thema, das auf dem ganzen politischen Spektrum diskutiert wird – positiv wie negativ.
- Der Klimawandel ist durch aufrüttelnde Ereignisse wie die Buschbrände in Australien oder den Anstieg der Meeresspiegel direkt erkennbar.
- Greifen Aktivisten ein polarisierendes und emotionales Thema wie den Klimawandel authentisch und glaubwürdig auf, können sie eine grosse Anhängerschaft hinter sich scharen.
Der Begriff «Klimajugend» beschreibt bereits, dass es sich bei den Aktivisten häufig um jüngere Menschen – Millennials – handelt. Da Millennials eine einflussreiche Generation sind, gilt es für Unternehmen, auf ihre Bedürfnisse zu reagieren. Aber was sind die Bedürfnisse von Millenials?
- Millennials verlangen Ehrlichkeit, Authentizität und Glaubwürdigkeit.
- Millennials haben einen ausgeprägten «Bullshit-Radar» und reagieren sensibel darauf, wenn ein Unternehmen Wasser predigt, aber Wein trinkt.
- Deshalb fordern Millennials Versprechen, die eingehalten werden können sowie ein kongruentes Verhalten. Sprich: Die strategische und operative Ausrichtung entsprechen den Werten, die kommuniziert werden.
Bei der Authentizität stellt sich aber die Frage, ob die kommunizierten Werte wirklich mit dem unternehmerischen Handeln übereinstimmen. Gerade wegen der Klima-Debatte schreiben sich viele Unternehmen «Nachhaltigkeit» auf die Fahne. Schon Portfolio-Managerin Vera Diehl von Union Investment warnte:
«Unternehmen, die in Sachen Klimaschutz nicht liefern, werden es am Kapitalmarkt künftig immer schwerer haben und abgestraft werden.»
Nachhaltigkeit ist also nicht einfach «nice to have», sondern ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. Aber wie können Firmen Nachhaltigkeit glaubwürdig leben?
- Nachhaltigkeit bedeutet Verantwortung übernehmen. Es geht also nichts ohne verantwortungsvolle Unternehmensführung.
- Werte durch Greenwashing (in Bezug auf Umweltbewusstsein) und Pinkwashing (in Bezug auf Diversität) stärker zu bewerben, als sie tatsächlich zu leben, ist ein No-Go.
- Botschaften müssen authentisch und glaubwürdig sein.
- Reines Marketing ohne Aktionen sollte vermieden werden. Dies hat negative Auswirkungen auf das Image und die Reputation.
- Ein Unternehmen muss Sinnhaftigkeit aufzeigen. Nachhaltigkeit ist keine Kommunikationsmassnahme, sondern ein strategischer Entscheid und damit Teil der Kommunikations- und Unternehmensstrategie.
- Die Werte sollten dabei mit den Werten und der Strategie des Unternehmens, aber auch mit denjenigen der relevanten Stakeholder übereinstimmen.
- Die relevante und zentrale Frage ist: Sind Unternehmen bereit nachhaltig zu handeln und dafür weniger Geld zu verdienen, weniger Profit zu machen?
Das ganze Gespräch finden Sie auf der Webseite von Radio SRF: Link